Ja, war das etwa schon Weihnachten?
Was die Kinder des Unterstufenchores mit ihren beiden Spielleiterinnen Dina Tanzmann und Helga Weber am Mittwochabend den zahlreich angereisten Zuschauern in der voll besetzten, aber mit Abstand bestuhlten Kulturmulde mit ihrem Krimi-Musical „Das Camp“ bescherten, glich irgendwie Heiligabend. Es ging los mit der Vorfreude der Akteure und ihrem Einsatz bei den Proben und endete am 25.5. mit strahlenden Augen bei allen Anwesenden. Aber der Reihe nach…
Als Schulleiter Ralf Kiesel bei seiner Begrüßung bemerkte, man könnte nach mittlerweile über 2 Jahren Pause – die letzte größere Aufführung in der Kulturmulde war das Pool-Musical Alienne – das Applaudieren verlernt haben, war allen Beteiligten bereits anzumerken, wie wichtig dieser Schritt für eine Rückkehr in die Normalität ist. Und so bekamen die Mitglieder des Unterstufenchores auch gleich zu Beginn eine solche Motivationsspritze, die bis zum Ende anhalten sollte.
Die eigentliche Geschichte – ein kleiner Krimi mit einigen überraschenden Wendungen – wurde gekonnt in szenischen Bildern umgesetzt. Vier Familien aus völlig unterschiedlichen sozialen Kontexten von Arm bis Reich grinsen fürs Familienalbum in die Kamera, aber der Schein trügt und eine Erzählerin, die durch das Musical führt, erklärt, dass es hinter dieser Kulisse bei allen brodelt. Und so kommt es, dass vier gänzlich verschiedene Kinder in ein Feriencamp ziehen, um sich einer Lagerordnung zu unterwerfen, die vom Leiter und seinem Assistenten konsequent eingefordert werden. Wer sich widersetzt, wird zu einer Strafe verdonnert, was im Stück in einen witzig choreographierten „Klo-Rap“ mündet, der beim Betrachter die Frage aufwirft, ob Toilettenputzen nicht womöglich doch Spaß machen kann.
Fortan sind die vier Kinder Freunde und bestreiten den Lageralltag gemeinsam. Als sie eines Tages verbotenerweise ihren Bereich verlassen und auf eine Insel gelangen – natürlich mit einer Floßfahrt auf der nicht „Jetzt fahr´n wir übern See“, sondern der wiederum stimmgewaltig inszenierte Titanic-Kulthit „My heart will go on“ von Celine Dion gesungen wird - finden sie Diebesgut, das von einer Bande gesucht wird. Die Polizei fasst zunächst die Gangster, kann deren Oberhaupt (es ist am Ende der Lagerleiter) aber erst mit Hilfe der Kinder ausfindig machen, so dass die vier Abtrünnigen schließlich als kleine Helden belohnt und nicht ihres Ungehorsams wegen bestraft werden.
Was in Erinnerung bleibt, sind viele gut gesetzte Gags und Pointen, ein choreographisch und stimmlich präsenter Chor, eine absolut mitreißende Spielfreude bei allen Akteuren, die hervorragende Ausstattung mit Requisiten und Kostümen, eine mit viel Augenzwinkern erzählte Geschichte, die am Ende dennoch Tiefgang besitzt und mindestens eine Botschaft bereithält: Freundschaften sind unabhängig von sozialen Schichten, sondern entstehen einfach, wenn Kinder miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam etwas erleben.
Dass sich so etwas auch an einer Ganztagesschule ereignen kann und dass womöglich länger andauernde „Beziehungen“ gepflegt werden können, zeigt sich schließlich auch daran, dass mit Dina Tanzmann, vielen bekannt durch Auftritte am WeG und im Naturtheater, eine ehemalige Schülerin ihr Wissen mit einbrachte, wofür sich Musikpädagogin Helga Weber herzlich bedankte. Nach dem letzten tosenden Applaus rieb man sich verwundert die Augen und musste sich fragen, wie man so etwas erfrischend Schönes so lange entbehren konnte. So, als ob Weihnachten nur alle drei Jahre stattfinden würde…