"Die Schutzbefohlenen"
Die TheaterAG des Werkgymnasiums präsentierte mit „Die Schutzbefohlenen“ eine intensive Auseinandersetzung mit der Geflüchteten-Thematik. Von Marco Graša mit Annika Fritz performativ inszeniert, mit Texten, die griechisch-antikes Drama und das 21. Jahrhundert zusammenführen, und mit intensiv spürbarer Haltung und Motivation gelang weit mehr als eine klassische Schulaufführung.
Im fünften Jahrhundert vor Christus entstand der Haupttext, den die TheaterAG als Grundlage ihrer ersten postpandemischen Spielzeit wählte. Eine Gruppe Geflüchteter erreicht den rettenden Boden eines fremden Landes, fleht den Landesherren um Schutz an. Dieser sieht sich moralisch verpflichtet, riskiert jedoch politisch einen Konflikt. Dennoch kann er den Rat überzeugen: Wir schaffen das.
Sprung in die Gegenwart
Schon befinden wir uns in unserer Gegenwart und vor allem im Bann von zwölf Schülerinnen und Schülern des Werkgymnasiums, die mit intensiver Darstellung, sprachlicher Präzision und raumfüllender Präsenz ihre eigene Interpretation der Texte von Aischylos und Elfriede Jelinek dem Publikum entgegenschleuderten. Dies im besten Sinne, denn was die Schülerinnen und Schüler der 10. bis 12. Klasse präsentierten, waren keine leichtverdaulichen Häppchen politisch korrekter Intention. In dem stilisierten Bühnenbild wurden Szenen als Bilder gezeichnet, mit Erde, mit Menschen, im nächsten Moment weggespült vom allgegenwärtigen Wasser. Momentaufnahmen, untermalt von starken Worten, oft mit Musik unterlegt. Die Spielenden, ganz in Weiß gekleidet, bewegen sich von Tischplatte zu Koffer, vom mit Wasser gefüllten Eimer kurz über festen Boden, dann zur nächsten Plattform.
Was sie zu sagen haben, ist meist direkt ans Publikum gerichtet, mal einzeln, dann präzise im Chor. Dabei ist es vor allem die spielerische Zurückhaltung, die dem Gesagten Intensität verleiht. Beklemmend ist es, wenn dem Publikum der Atem stockt, während einer der Flüchtenden den Weg übers Meer nicht schafft, vor den Augen aller ertrinkt, während der Chor an seinen letzten Gedanken teilhaben lässt. Beschämend, wenn die Geflüchteten im neuen Land in kleinen, selbst gelegten Rechtecken aus Heimaterde kauern und fragen, was man denn von ihnen erwarte. Berührend, wenn inmitten der schweren Texte plötzlich ein Hauch von Poetry-Slam herüberweht, so schwermütig der Inhalt auch sein mag. Ein starkes Statement in einem ebenso kraftvollen Schlussbild ersetzte ein undenkbares Happy End - nach einer solchen Leistung gab es das jedoch für die Beteiligten.
Silke von Fürich