Schultheateraufführung - PENTHESILEA

Foto: Frank Keller
Foto: Frank Keller

Starke Bilder von Kampf, Stolz und Liebe

 

Warum in aller Welt knöpft sich der Spielleiter eines Schultheaters ausgerechnet das sperrige und sprachlich anspruchsvolle Trauerspiel „Penthesilea“ Heinrich von Kleists vor, wo es doch so viele einfachere Stücke gibt? Kann solch ein Experiment überhaupt gelingen? Die Antwort darauf gaben am vergangenen Wochenende in drei aufeinander folgenden Vorstellungen Theaterpädagoge Marco Graša und sein junges Ensemble.

In knapp 20 teilweise ineinanderfließenden Szenen schufen die Akteure ausdrucksstarke Bilder, die mit einem reduzierten Bühnenbild und stilisierter Requisite die Hauptthemen des Stückes - nämlich den Kampf und die Liebe zwischen den Geschlechtern, den Stolz des Individuums sowie das Beengende gesellschaftlicher Normen - mit großer Leidenschaft darstellten.

Penthesilea, die Königin der Amazonen, die im Kampf um Troja gegen die Griechen kämpft, verliebt sich während einer Schlacht in den Helden Achilles – der mit der Ferse – und muss ihn, um ihn nach den Gesetzen des kriegerischen Frauenvolkes als Geliebten heimführen zu dürfen, im Kampf bezwingen. Aufgrund ihrer Verliebtheit nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte, unterliegt sie dem Peliden halb bewusstlos, der sich auch in sie verliebt und der sie am Leben lässt. In der Meinung, gesiegt zu haben, kostet sie die Liebe zu Achill aus, bis die Wahrheit ans Licht kommt und sie sich wieder trennen müssen. Als der Held erfährt, dass sie nur glücklich werden können, wenn sie ihn als Gefangenen heimführt, verabredet er sich zu einem zweiten Kampf, in dem er absichtlich unterliegen möchte. Gekränkt in ihrem Stolz und rasend vor Wut tötet sie ihren Geliebten mit einem Pfeil in den Hals und erkennt viel zu spät, was diese Emotionen angerichtet haben, so dass sich Penthesilea am Ende am Totenbett Achills selbst umbringt.

Diese Geschichte, die Bestandteil von Homers „Illias“ ist, wurde von Kleist 1808 theatralisch bearbeitet und nun von den Schülern bildgewaltig in Szene gesetzt. Die Kämpfe zwischen Griechen und Amazonen (oder zwischen Männern und Frauen) wurden tänzerisch im Rhythmus zur passend ausgewählten Musik so ausgefochten, dass die Wucht der Schläge dem Takt folgte. Die Zuschauer bekamen darüber hinaus im netten Plauderton einen Exkurs über den Kampf um Troja, der von einem leichten Augenzwinkern begleitet wurde, so dass man trotz der anspruchsvollen Sprache Kleists, die für Schauspieler und Auditorium gleichermaßen eine Herausforderung darstellte, den Überblick über die Handlung nicht verlor. Wenn man so will: eine Helden- und Götterschau im Schnelldurchgang.

Und wer zwischen den Zeilen zuhörte, nahm als Botschaft mit nach Hause, dass man Traditionen und Werte einer Gesellschaft öfter mal hinterfragen sollte, dass Gruppenzwang den Einzelnen gelegentlich falsche Entscheidungen treffen lässt, dass Stolz in der Liebe fatale Folgen haben kann und wir ruhig mal über den eigenen Schatten springen dürfen. In diesem Sinne: Experiment reichlich geglückt!

Herzlichen Glückwunsch an alle Mitwirkenden für diese gelungene Vorstellung!

 

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Letzte Änderung am 11.04.2018 von Th. Werner