Textausschnitt: Erwin Bachmann / Heidenheimer Zeitung (8. April 2015)
Unter dem Titel „Die Heidenschmiede am Hellenstein und die Archäologie des Eiszeitalters“ werden Artefakte der älteren und mittleren Altsteinzeit gezeigt, die noch nie ein Wissenschaftler, geschweige denn ein museal interessierter Laie zu Gesicht bekommen hat. Darunter sind 80 000 Jahre alte Steinwerkzeuge des Neandertalers, der einst das Brenztal durchstreifte und in der Heidenschmiede des heutigen Schlossbergs sein Lager hatte. Zudem werden mehr als eine Million Jahre alte Fundstücke aus Tanzania, einer Wiege der Menschheit, sowie Feuersteinartefakte vom Fuße der großen Pyramiden von Gizeh ins Rampenlicht gerückt. Die Präsentation im Schloss-Museum, an der auch das Landesmuseum Württemberg mitwirkt, wird bis Ende Oktober zu sehen sein, wobei der Eröffnungstermin nicht von ungefähr auf den gestrigen Beginn einer Fachtagung der Hugo-Obermaier-Gesellschaft fiel. Im Rahmen dieses Eiszeit-Gipfels treffen sich rund 150 Archäologen und Naturwissenschaftler aus ganz Europa im Heidenheimer Congress-Centrum, und neben zahlreichen Fachvorträgen und Exkursionen ins Lonetal gehört auch ein Besuch der Sonderausstellung im Schloss-Museum zum fast einwöchigen Tagungsgeschehen – wobei die vom Neandertaler geprägte Heidenschmiede als eine Art ergänzendes Gegenstück zu der im aktuellen Blickfeld stehenden Vogelherd-Geschichte zu sehen ist. Auf diese Rollenverteilung machte gestern die Heidenheimer Archäologin Ulrike Stich aufmerksam. Die in Fachkreisen geschätzte und in der Bevölkerung durch ihre Vortragstätigkeit bekannte Ägyptologin hat die Ausstellung zusammen mit dem Giengener Archäologen und Naturkundler Hermann Huber auf die Beine gestellt, der sich schon als Kind leidenschaftlich für die Steinzeit interessiert hatte und später ganze Schülergenerationen des Werkgymnasiums in das Abenteuer der Frühgeschichte mitgenommen und sich ungeachtet seiner bodenständigen Bescheidenheit in der Zunft der Archäologie einen klingenden Namen als Eiszeit-Experte gemacht hat. Beiden Protagonisten ist es ein Herzensanliegen, mit diesem kleinen, aber ausgesprochen feinen Ausstellungs-Geschehen eine Ahnung von dem zu vermitteln, was sich auf dem 1928 von Hermann Mohn entdeckten mittelpaläolithischen Fundplatz der Heidenschmiede im Zeitraum von 80 000 bis 50 000 vor Christus abgespielt hat.
Urzeitliches Brenzufer unter dem Schlossberg (Modellausschnitt), Foto: R. Kiesel
Neben den Vitrinen mit Fundstücken, Beschreibungen des Fundortes wie auch der archäologischen Fundgeschichte stößt der Besucher der Ausstellung auch auf ein Modell des Schlossberges, in den das urgeschichtlich bedeutsame Felsschutzdach eingearbeitet ist. Diese Arbeit ist im Werkgymnasium, der früheren Wirkungsstätte des Experimental-Archäologen Hermann Huber entstanden, wobei neben den Schülerinnen Marina Aigle, Muriel Gehringer und Maria Schmid auch Kunstlehrer Christoph Kunze mitgewirkt hat – was augenfällig dokumentiert, dass das Interesse an der Eiszeit auch bei der jüngeren Generation keinesfalls schon erkaltet ist. Und noch etwas zeigt die aktuelle Präsentation: Etliche der jetzt erstmals gezeigten Fundstücke stammen aus den Magazin-Beständen des Schloss-Museums, wo man offenbar noch mehr in petto hat. Dies war gestern den Worten von Gereon Balle zu entnehmen, der bei der Stadtverwaltung für die historischen Museen und das Archiv verantwortlich ist. Man habe die Absicht, in Zukunft öfters Dinge aus jenem Depot zu präsentieren, in dem die derzeit nicht ausgestellten Bestände gelagert und verwahrt werden.
Urzeitliche Heideschmiede am Schlossberg (Modellausschnitt), Foto: R. Kiesel