Musik „unplugged“ von Bob Dylan and others
„Kultur in der Mensa“ am Werkgymnasium feiert zehnjähriges Jubiläum vor Rekordkulisse
Was damals 2008 mit einem kompletten „Bob Dylan-Abend“ in der Mensa noch im kleinen intimen Rahmen begann, hat sich mit seinen 2 Terminen pro Jahr (jeweils im Frühling und im Herbst) zu einer festen Größe im Terminplan des Werkgymnasiums entwickelt. Zuerst noch als Geheimtipp für die Singer-/Songwriter-Fangemeinde gedacht, ergänzt durch viele Songs auch der deutschen Liedermacherszene der 60er und 70er Jahre, entwickelte sich dieses Musikevent stetig weiter. Waren es zum Start der Reihe die musikbegeisterten Lehrer, die den Auftritten ihren Stempel aufdrückten, so kamen im Lauf der Jahre zur Stammbesetzung zu der unter anderem Wolfgang Weiss, Alex Spohn, Gerd Schock und Michael Loessin zählen, immer wieder neue Musiker wie Assi Antoniuk (DoubleAA+C) für einen oder mehrere Abende dazu- oder blieben wie Werner Lehmann (früher „Karo Tweed“) einfach ganz dabei. Nach seinem Eintritt in den - wie er es selber gern bezeichnet – „Stand der Versorgungsemfänger“ übergab Wolfgang Weiss die schulische Organisation der Veranstaltung an seine junge Kollegin Ricarda Rickert, die inzwischen von dieser Bühne nicht mehr wegzudenken ist.
Das Motto des Abends lautete: „Musik kann vielleicht nicht die Welt retten, aber deine Seele“ und es standen Songs von „Bob Dylan and others“ auf dem Programm. Dahinter verbarg sich neben einigen Songs des letztjährigen Literaturnobelpreisträgers eine musikalische Vielfalt, wie sie eben typisch ist für die „Kultur in der Mensa“. Und genau diese Vielfalt lässt die Zuschauerzahlen in den letzten Jahren so in die Höhe gehen, dass nun erstmals Stuhlreihen gestellt werden mussten, um dem Andrang Herr zu werden. Mit beinahe 130 Personen Rekordkulisse in der Mensa wurde es zum Grenzgang zwischen gemütlicher Kleinkunstatmosphäre und einem lockeren Konzertereignis!
Am Beginn stand wie 2008 Dylans wohl bekanntester Song „Blowing in the Wind“ – stilecht, nur mit Mundharmonika und Gitarre, dargeboten von Ricarda Rickert und Wolfgang Weiss Dieser gab nach „Don‘t`think twice“, in dem Dylan das Ende einer seiner zahlreichen Beziehungen mit ziemlich drastischen Worten schildert, zu verstehen, dass für ihn selbst die Songs des anderen großen und im letzten November verstorbenen Liederdichters Leonard Cohen prägender waren und sind. Er ließ darauf Cohens Umgang mit Schwierigkeiten in einer Beziehung folgen, die im krassen Gegensatz zu Dylan steht; „Hey, thats no way to say goodbye“.
Michael Loessin - auch er nun im „Weiss’schen Stande“ - hatte die schwierige Aufgabe, durch das vielschichtige Programm zu führen und löste diese Aufgabe in der für ihn gewohnten humoristischen und auflockernden Art und Weise. Auch die stimmungsvolle Darbietung der „live-Lyrics“ – also der Übersetzung des originalen Liedtextes ins deutsche - bei „Gracias a la vida“ (ebenfalls vom sprachlichen Multitalent Ricarda Rickert intoniert) fiel in sein Ressort. Beim späteren „Je veux“ von Zaz übernahm diesen Part dann Schülervater Karsten Tanzmann – zu dem virtuosen Gitarrenspiel von Werner Lehmann, der an diesem Abend einmal mehr sein Ausnahmetalent unter Beweis stellen konnte. Zusammen mit Iris Begemann am Akkordeon schmetterte Wolfgang Weiss in unnachahmlicher Weise auch noch ein „O sole mio“, bei dem der Schalk dieses musikalischen Energiebündels bis in die letzte Sitzreihe zu spüren war.
Seit einigen Jahren sind an diesen Abenden auch Darbietungen von Schülern zu hören. Diesmal waren es Erva Cetin und Cora Bornschein, die mit Unterstützung ihrer Musiklehrerin Julia Strasser (an diesem Abend auch mit ihrem Violinspiel an zahlreichen Stücken beteiligt) und unter dem Applaus der begeisterten Zuschauer die beiden Lieder „Price Tag“ von Jessie J und „Yours“ von Ella Henderson zum Besten gaben. Auch der Auftritt des Schuleiters Werner Schölzel (Saxophon) und seines Stellvertreters Ralf Kiesel (Piano) sind schon Tradition. Mit „Fields of Gold“ und dem von Adele wieder bekannt gemachten Dylan-Titel „Make you feel my love“ überraschten die beiden wieder einmal aufs Neue.
Auch Cat Stevens durfte an so einem Abend natürlich nicht fehlen: Nicht nur musikalisch liefen hier „Father (Gerd Schock) and Son (Dirk Kassel)“ zu absoluter Hochform auch – auch im Verbalen gab hier ein Wort das andere – sehr zum Vergnügen des Publikums. Dirk Kassel war es auch, der mit seiner Sologesangs-Premiere für einen Gänsehauteffekt sorgte. Seine Version des Titels „Milk and Honey“ von Jackson C. Frank ging unter die Haut – zumal dazu noch ein kurzer Anriss der dramatischen Biografie des 1999 verstorbenen Musikers erzählt wurde.
Gerd Schock war es zu verdanken, dass an diesem Abend sogar eine Reminiszenz an die „Golden Swing-Ära“ der 30er Jahre zu Gehör gebracht wurde: Das durch die legendären „Andrew-Sisters“ zum Welthit avancierte „Bei mir biste scheen“ wurde unter Beteiligung von Gitarre, Bass, Ukulele, Akkordeon und Violine voll instrumentalisiert und gesanglich wunderbar arrangiert dargeboten.
Zum Abschluss dieses Abends erklangen dann noch die Dylan-Klassiker „All along the Watchtower“ und als Zugabe auch noch „Forever Young“, mit denen das begeisterte Publikum dann summend, pfeifend und einige auch leise singend den Weg nach Hause antraten.
Karsten Tanzmann