Start in Kappeln, Schüler ziehen zwei schwer beladene Wägelchen über Piers, die dafür gerade groß genug sind und laden dann eine Menge an Lebensmitteln ins Schiff, das absurd groß wirkt. Es ist schwer vorstellbar, dass man 50 Liter Milch in einer Woche verbrauchen kann.
Kurz darauf: Leinen los, und drei Gruppen werden in ihre Segel eingewiesen. Das Schiff verlässt den Fluss. Wir setzen unter genauen Anweisungen der Stammcrew zum ersten Mal die Segel. Am Anfang der Reise war für uns nicht absehbar, dass die Befolgung des Kommandos "Innen und Außenklüver setzen" innerhalb kürzester Zeit so routiniert ablaufen würde, dass die Stammcrew dies nicht mehr beaufsichtigen musste.
Uns wurde viel zugetraut. Nach einer kurzen Einweisung durften Schüler navigieren, Beiboote bedienen - und sogar das Schiff steuern. Ich hatte nie das Gefühl, ins kalte Wasser geworfen zu werden, aber wir mussten unseren Kopf benutzen und wurden gefordert.
Es ist ein tolles Gefühl, dann am Ende dazustehen und zu merken, was man alles kann, wenn man es einfach probiert. Ein Freund von mir war nervös, immer wenn er in den Klüverbaum stieg, um die Segel zu entpacken. Trotzdem tat er es und kann jetzt im Nachhinein stolz darauf sein, wie souverän er es geschafft hat.
Die Stimmung war gut, denn nicht nur Segel setzen und lichten wurde zur Routine, sondern auch das Zusammenleben auf engem Raum. Die ganze Reise über war eine unglaublich entspannte und unterstützende Atmosphäre an Bord. Wenn mal eben eine weitere Hand notwendig war, brauchte man nur zu Fragen und bekam direkt bedingungslos Hilfe. Wir saßen ja alle in einem Boot. Und nur wenn jeder sich beteiligte und seine Aufgabe erfüllte, kamen wir voran.
Viele in unserer Gruppe nahmen Bücher mit auf die Reise. Kaum einer hat auch nur eines durchgelesen. Zeit war genug da, aber unsere Gruppe hat sich meistens mit etwas anderem beschäftigt: mit dem “Nichtstun”. Wir lagen an Deck, während die Sonne uns ins Gesicht schien. Es war nie langweilig. Klar, manche ruhige Pause war recht abrupt beendet, von einem Manöver oder einem Eimer Wasser, der über nichtsahnende, unschuldige Schüler gegossen wurde. Trotzdem war das Rumliegen unglaublich entspannend.
Eines Abends lag ich an Bord der Fortuna in meiner Koje und hörte Musik. Mir waren fast alle meiner Lieblingslieder zu schnell und zu hektisch.
Das Schiff wirkt entschleunigend.
Die vorhin angesprochenen 50 Liter Milch haben wir nicht ganz aufgebraucht. Aber wir waren verdammt nah dran. Jeden Abend wurde in großen Töpfen gekocht, mal waren es sechs Packungen Spaghetti, mal waren es 40 Eier. Es war immer sehr simpel und meistens vegetarisch, aber immer lecker. Abends wurde Mehl gemahlen, um am nächsten Tag Brot zu backen.
Daher war dies eine Reise, die ich so jedem empfehlen kann. Man kommt zurück und fühlt sich unglaublich entspannt, dennoch hat man viel gelernt, gut gegessen und gemerkt, wie wenig es eigentlich braucht, um eine Woche lang zufrieden zu sein.
Tibo de Vries